2018:
Egger, Urs
Kategorie:
Neue Ideen & Utopie
Format:
Video
Zusammenfassung
Das kleine österreichische Örtchen Wörgl nahe der Grenze zu Deutschland machte um 1930 von sich Reden. Mitten in der weltweiten Rezession fand es einen Weg aus der Krise: Das Städtchen brachte eine eigene Währung heraus, die eine besondere Eigenschaft aufwies: Das Geld verlor mit der Zeit an Wert.
Ein außergewöhnliches Projekt, das als historisches Drama mit BR-Beteiligung verfilmt worden ist.
Beschreibung
Wie kam es zum Experiment von Wörgl?
Wie so viele Gemeinden stand Wörgl in den 1930er Jahren vor dem Bankrott. Die Politik wusste längst keinen Ausweg mehr aus der Krise. Sparen lautete das Rezept, das die Krise aber immer weiter vertiefte. Arbeitslosigkeit griff um sich und mit der Arbeitslosigkeit auch der Faschismus. Und: Die Menschen wollten ihr Geld unbedingt zusammen halten.
"Die Produktion war eingebrochen und Hoffnungslosigkeit machte sich breit", beschreibt Professor Gustav Horn, Leiter des in Düsseldorf ansässigen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung, die damalige Situation.
Ziel: Die Menschen müssen einkaufen!
Dieses "Wunder von Wörgl" konnte dank des Bürgermeister des kleinen Tiroler Städtchens, Michael Unterguggenberger, passieren. Er erkannte, dass man die Menschen wieder zum Kaufen animieren musste. Also schuf der Bürgermeister im Juli 1932 eigenes Geld, eine eigene Währung.
Veronika Spielbichler, Vorsitzende eines Vereins in Wörgl, der das Leben und Wirken von Unterrguggenberger genau dokumentiert hat, erklärt, wie das Geld funktionierte: Die Gemeinde startete ein Bauprogramm und zahlte ihre Angestellten mit dem neuen, regionalen Zahlungsmittel. Durch die Krise waren viele Arbeiten liegen geblieben und Menschen auf der Suche nach Arbeit gab es sowieso genug.
Mit der neuen Währung, den sogenannten Freigeldscheinen, konnten die Menschen in den Läden in Wörgl einkaufen. Die Besitzer akzeptierten das neue Geld schnell, da sie selbst ebenfalls überall damit bezahlen konnten.
Freigeld als Trick in Wörgl
Es war ein Trick: Die Gemeinde verteilte als Impulsgeber für die örtliche Wirtschaft Geld, das es eigentlich gar nicht geben durfte. Wichtig war, dass alle an den Trick glaubten und das Freigeld akzeptieren. Und das taten die Wörgler.
Die Zettel erinnern ein wenig an Spielgeld. Es gab drei Scheine in verschiedenen Farben: einen roten für zehn Schilling, einen blauen für fünf und einen gelben für einen Schilling.
Wert der Währung fiel immer weiter
Das entscheidende an dem System: Die Scheine verloren jeden Monat ein Prozent an Wert. Wer das Geld am Monatsende also noch nicht ausgegeben hatte, machte einen Verlust. Niemand wollte dieses Schwundgeld sparen, man gab es lieber schnell wieder aus. Und so nahm die Umlaufgeschwindigkeit enorm zu.
Ein wichtiger Effekt sei das gewesen, sagt Professor Horn vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung: "Bei Schwundgeld ist eben der Anreiz stark, das Geld auszugeben. Das heißt, es liegt nicht herum und bringt die Wirtschaft wieder in Schwung."
Währung nur lokal verwendbar
Es gab noch einen zweiten Effekt: Da die neue Währung nur in Wörgl und der näheren Umgebung funktionierte, konnte sie auch nur dort ausgegeben werden: beim Bäcker im Ort, beim Schreiner, oder beim Modewarengeschäft.
Und so nahm das sogenannte Wunder seinen Lauf. Der konjunkturelle Motor sprang wieder an. Während im restlichen Land die Arbeitslosigkeit weiter stieg, nahm sie in Wörgl ab.
Wunder von Wörgl hielt nur kurz
Vom Erfolg des Experiments fasziniert, wollen andere Gemeinden ebenfalls Schwundgeld einführen. Das aber rief die Notenbank auf den Plan. Sie verbot das Wörgler Geld nach kurzem wieder und so kehrten Arbeitslosigkeit und Armut in Wörgl zurück.
Unterguggenberger war zwar gescheitert. Doch sein Idee fasziniert bis heute: Die Idee von einem Geld, das sich nicht zum Spekulieren eignet und allein dem Verbraucher dient.
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